Von Rada Tilly nach San Vicente



Donnerstag, 3.1.2013
Im Laufe des Nachmittags werden wir von einem Fernseh-Team interviewt. Auf die Frage: „Warum macht ihr in Rada Tilly halt?“ antwortet Christian: „Weil es im Reiseführer heisst, dass der nächst grössere Ort, Comodoro Rivadavia, eine eher hässliche Industriestadt sei, haben wir beschlossen im Ort vorher Halt zu machen.“….

Freitag, 4.1.2013
Genug geruht! Und Interviews geben wir auch keine mehr. Die 15 km nach Comodoro Rivadavia fahren wir an der Küste entlang, an der stinkenden und zum Teil brennenden Müllgrube der Stadt vorbei. In Rivadavia passiert’s! Beim Ausweichen vor einem schnell herannahenden Auto flüchtet Christian über einen hohen Bordstein auf den Gehsteig. Uff, noch mal Schwein gehabt! Doch nach einem kurzen Moment ist der Hinterreifen platt. Nun wenn’s weiter nichts ist…. Jedoch beim Flicken des Plattfusses kommen die schlimmen Folgen des Ausweichmanövers zum Vorschein: Eine Speiche ist mitsamt der Öse durch die Felge gebrochen :-( . Das heisst: Felge futsch, neue kaufen. Was für uns wiederum bedeutet: 1. Unterkunft suchen, 2. Siesta abwarten, 3. Veloladen ausfindig machen, und voraussichtlich einen zweiten Veloladen ausfindig machen, weil der erste nichts Brauchbares hat, 4. Veloläden aufsuchen, 5. in der Unterkunft die neue Felge einspeichen…. Zu Punkt 1: die Tourist Info finden wir dank guter Wegbeschreibung eines Passanten recht schnell. Dank kompetenter und hilfsbereiter Auskunft, die sogar Telefonate nicht scheut, sind die Punkte eins und drei schnell erledigt. Die Unterkunft ist zentral gelegen und bietet das von uns Gesuchte zu angemessenem Preis. -  Punkt 4: Wie vermutet ist der erste Laden nicht der Richtige. Beim zweiten, ein paar Blocks weiter ist eine recht hohe Mavic Felge vorrätig, was wiederum bedeutet, dass die Speichenlängen erneut ändern. Für 600 Pesos (ca. 90 Euro) ändert die Felge den Besitzer und auch 20 kürzere Speichen werden erworben. – Punkt 5: Leider sind die Speichen immer noch zu lang, können aber morgen umgetauscht werden.
Bei der Tourist Info werden wir sofort von wildfremden Leuten erkannt: „Ich habe Sie gestern im Fernsehen gesehen!“ Im Veloladen wird Christian mit einem Lachen vorgeworfen, die Stadt verunglimpft zu haben… Die haben unser Interview tatsächlich unzensiert ausgestrahlt!

Eine andere Müllgrube; es sehen aber alle ähnlich aus
Samstag, 5.1.2013
Mit Katjas Velo fährt Christian erneut zum Veloladen und tauscht die 265er Speichen in 260er um, da keine 255er zu haben sind. Damit die Felge in die Mitte der Nabe zu liegen kommt, müssen die antriebsseitigen Speichen bis zum Anschlag angezogen werden, während die auf der Gegenseite liegenden nur knapp eingeschraubt werden können. Derweil kauft Katja, nach dem Coiffeurbesuch, für die nächsten Tage ein und plaudert über eine einwandfreie Skype-Leitung mit ihren Eltern. Der von Katja mitgebrachte Königskuchen ist ringförmig gebackener Kuchenteig mit Vanillecreme bestrichen und beinhaltet keinen König.

Sonntag, 6.1.2013
Obwohl kräftige Winde angesagt sind fahren wir heute los, zumal die kommenden Tage genauso windig prognostiziert sind. Ein Paar englischer Motorradfahrer fährt ebenfalls los.  Aus der Stadt heraus geht es einigermassen, bis die Strasse einen Knick nach Westen macht. Der nun frontale Gegenwind verunmöglicht ein Fahren. Nachdem wir ein paar Kilometer geschoben haben, kommen uns die Engländer entgegen: „Very ugly“ sagen sie und fahren in die Stadt zurück. Wir haben’s bis hierher geschafft und schieben kräftig weiter. Nach ca. 30km dürfen wir bei einem „Puesto…“, einem Depot für Strassenbaumaterial, in der Küche unser Picknick essen. Uns wird selbstverständlich heisses Wasser und Brot angeboten. Mit neu zu mobilisierenden Kräften stemmen wir uns, nach dem windgeschützten Mittagshalt wieder gegen den Wind. Nachdem die Steigungen, auf ca. 600müM, gemeistert sind, macht auch die Strasse wiederum einen „Knicks“, diesmal nach Osten. Der nun von schräg hinten kommende Wind ermöglicht uns ein flottes Vorankommen (75km) bis kurz vor den Comedor Pampa de Salamanca, wo wir morgen unsere Wasservorkommen erneuern können. Das Aufbauen des Zeltes gestaltet sich, obwohl wir doch schon winderprobt sind, schwierig und es bläst die ganze Nacht unvermindert weiter.

Montag, 7.1.2013
Trotz starkem Wind kriegen wir das Zelt irgendwie wieder in die Tüte. Für 12km fighten wir gegen den unberechenbaren starken Seitenwind. Weil es uns unmöglich ist, einigermassen in einer Linie geradeaus zu fahren, fahren wir oft in extremer Schräglage auf dem Kiesstreifen neben der Strasse. Jeder Lastwagen, der an uns vorbeifährt, verursacht bei uns mit seinem Windschatten einen gefährlichen Schwenker in Richtung der Strasse. Ein aufmerksamer LKW Chauffeur erbarmt sich unser und wir dürfen aufladen. Die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten haben für Chauffeure keine Bedeutung, weil der Chef sagt wie lange gefahren wird, und diesbezügliche Kontrollen fehlen. Auch zum Pinkeln wird oft nicht angehalten, was die vielen, mit gelblicher Flüssigkeit angefüllten PET-Getränkeflaschen, entlang der Strassen erklärt. – Nach 230km ist das süsse Nichtstun und trotzdem Vorankommen vorbei. Beim Abzweiger zu den Pinguinen in Punta Tombo laden wir ab und fahren “aus eigenem Antrieb“ noch 40km Schotter auf der Ruta Rp32, bis zur Kreuzung mit der Ruta Rp1, wo wir in der nahen Kiesgrube, optimal windgeschützt unser Lager errichten.

Mit Windschutz
Dienstag, 8.1.2013
Die 34km bis nach Punta Tombo erleben wir als sehr beschwerlich, da es windet und die Strasse nicht allzu gut ist. Die Pingu’s sind ein Highlight und auch die Art und Weise, wie sie besucht werden können, ist toll. Für die grösseren Zweibeiner sind mit weissen Steinen eingefasste Gehwege und Laufstege vorgegeben, während die kleinen Zweibeiner überall gehen dürfen, also auch auf den Gehwegen der Grossen, wo sie sogar Vortritt haben. Hier, im Nationalpark Punta Tombo, befindet sich die grösste Magellan-Pinguinkolonie ausserhalb der Antarktis. Die Küken der über 250‘000 Brutpaare sind eben dabei, ihre Bruthöhlen zu verlassen und warten im grauen Flaum-Frack auf  ihre Fütterung. Leider ist es hier nicht möglich, die Pinguine von nahem im Wasser zu sehen. – Gegen Abend fragen wir bei den Guarda-Faunas, den Parkwächtern, nach, ob es für uns eine Möglichkeit gäbe, hier irgendwo zu zelten, da es für uns fast nicht mehr möglich sei, den Nationalpark noch zu verlassen. Nach einigem hin und her dürfen wir schliesslich in der Aufenthalts-Küche der Wächter die Nacht verbringen. Da dieser Raum aber noch für das späte Abendessen gebraucht wird, kommen wir noch in den Genuss eines abendlichen Pinguspazierganges, ohne andere Touristen. Eines der neugierigen Tiere kommt direkt auf uns zu, die letzten Meter etwas vorsichtiger, pickt ganz sanft an Christians Schuh und watschelt wieder davon. So süss! Christians schönstes Geburtstagsgeschenk! Schon am Tage sind die Rufe des wartenden Pinguinelternteils nicht zu überhören. Aber vor unserem Einschlafen in dem Aufenthaltsraum und auch die ganze Nacht hindurch ist der Spektakel beeindruckend laut.


Pingu hat Vortritt
Mittwoch, 9.1.2013
Bis wir Asphalt erreichen geht es auf der schlechten Schotter – Stichstrasse 200 Höhenmeter bergauf. Nach 3 Stunden ist aber auch das geschafft. Was aber weiterhin sehr kräftezehrend ist, ist der recht starke Wind, der meist von schräg vorne bläst. Wir bleiben auf der Rp1, um dem starken Verkehr auf der Rn3 fernzubleiben und nehmen erneut Schotter in Kauf. Trotz Wind wird es recht heiss, wir trinken viel und unsere Wasservorräte schrumpfen drastisch dahin. Zum Glück wird diese Strasse  zur Zeit gewartet und der Strassenhobelfahrer hat seinen Baustellen-Wohnwagen mit grossem Trinkwassertank gleich neben der Piste aufgestellt. Natürlich werden unsere Flaschen aufgefüllt und wir können getrost der nächsten Nacht und dem folgenden Tag entgegensehen.

Der Pampabewohner schlechthin
Donnerstag, 10.1.2013
Ab 9 Uhr heizt die Sonne wieder tüchtig ein. Um 10 Uhr ist es bereits wieder heiss. Wir fahren über Rawson, weiter in Richtung Puerto Madryn. Wir fahren heute etwas länger, da das frühe Zelten, wegen der Hitze und des fehlenden Schattens keinen Sinn macht.

Energiegewinnung mit ungeheurem Potenzial....
Freitag, 11.1.2013
Viele beeindruckend grosse und lange Blitze erhellen den weit sichtbaren nächtlichen Himmel. Es fällt bei uns jedoch kein Regen und somit bleibt es auch während der Nacht recht warm. Nach Sonnenaufgang verlassen wir fluchtartig das Zelt, um nicht im eigenen Saft geschmort zu werden. Die 30km bis nach Puerto Madryn ziehen sich wie Kaugummi und es wird von Stunde zu Stunde wärmer. Um die Mittagszeit zeigt das Thermometer des Velocomputers 48°C an und am nicht vorhandenen Schatten sind es wahrscheinlich 36..38°C. Der heisse Gegenwind trocknet uns förmlich aus, alle 5km trinken wir zusammen einen Liter Wasser. Wir sind froh, als wir endlich in Puerto Madryn ankommen und uns nicht im unansehnlichen, schmutzigen, staubigen und windigen SEC Camping, sondern im teureren ACA Camping (95Pesos) einnisten können. Auf der Fahrt zwischen den beiden Campingplätzen, beim Flicken eines flachen Reifens in der heissen Stadt, bringen uns Anwohner Bananen, Brot und gekühltes Wasser. So nett und fürsorglich! Leider hat die ganze Stadt keinen Strom; somit fällt unser Besuch bei Grido flach, da der kurzerhand die Bude dicht macht und uns somit einen Eisgenuss verwehrt.

Samstag, 12.1.2013
Gestern keinen Strom, heute kein Wasser. Immerhin wird für eine WC-Anlage Wasser per Tankwagen hertransportiert.
Aus unserem heutigen Ruhetag wird nichts, da wir beim Buchen der Tour zu den Seeelefanten in Punta Ninfas, zu einer Tour gleich heute Nachmittag, und nicht erst morgen, überredet werden. Um 13:30 Uhr geht es los. Vorher kaufen wir noch einen neuen Ersatz-Mantel für die Velos. Mit einem Kleinbus werden die Tourenteilnehmer in ihren Unterkünften eingesammelt und an die ca. 100km entfernte Küste, Punta Ninfas, gebracht. Hier, da in keinem National- oder sonstigen Park, können wir uns den Seeelefanten ohne Einschränkungen nähern. Der Guide zeigt uns auf eine sehr verantwortungsvolle Art, wo die Näherungsgrenze etwa ist, damit die Tiere nicht unnötig gestört werden und sich beim Flüchten über scharfe Felsen gar verletzen. Die  Peninsula Valdez, eine Halbinsel in Sichtweite, und hier in Punta Ninfas sind die einzigen Orte auf der Welt, wo Seeelefanten an Land beobachtet werden können. - Leider sehen wir, trotz auflaufender Flut keine Orcas und auch keine männlichen Seeelefanten, die bis zu 5 Tonnen schwer werden und sich nur zur Paarungszeit an Land befinden. Die ungefähr 10mal kleineren Weibchen befinden sich im Moment zum Häuten an Land. Gegen 20 Uhr werden wir beim Camping  abgesetzt.

Seeelefantenkuh zum Häuten an Land
Sonntag, 13.1.2013
Heute immer noch kein Wasser. Die Einwohner der Stadt scheint das wenig zu stören, da praktisch auf jedem Haus ein grosser Wassertank steht. Sie werden wissen, warum sie sich so eingerichtet haben.
Tenedor Libre!  Essen bis zum Umfallen. Von den zwei Restaurants in der Stadt, die Buffetessen anbieten, wählen wir das etwas preiswertere und für uns bessere, da es hier nebst Grillspezialitäten mit Beilagen auch Meeresfrüchte gibt. Den Nachmittag brauchen wir zum Verdauen. Am Abend, nach dem Flicken kaputter Schläuche reisst die erst ein halbes Jahr alte, in Chile gekaufte Isomatte von Mammut bei der eingebauten Pumpe auf. Ein mehrere cm langer Riss um den Deckel der Pumpe herum reicht bis in die angrenzende Luftkammer. Die Qualität dieser Matte lässt doch sehr zu wünschen übrig, da das Obermaterial bei den Schweissnähten auch schon Fäden zieht und die darunterliegende luftdichte Isolationsschicht hervorschaut. Es ist eine Frage der Zeit, bis auch da grössere Flickarbeiten ausgeführt werden müssen. Für heute bleibt Christians Isomatte jedenfalls flach, was anderntags mit Rückenschmerzen quittiert wird.

Montag, 14.1.2013
Nach der zwingenden Reparatur der Isomatte, frühstücken und zusammenpacken, nein, fahren wir noch nicht los, sondern flicken einen weiteren Plattfuss, wobei die Luftpumpe zu Bruch geht. Zum Glück sind beide Fahrräder mit einer solchen ausgestattet, so dass wir mit prallen Reifen zum Einkaufen fahren können. Essen und eine neue Luftpumpe werden eingekauft und gegen 17:30 kommen wir endlich los. Auf der Rp1 verlassen wir Puerto Madryn und kommen noch bis kurz vor den Abzweiger der Rp2, dem Hauptzubringer zur Peninsula Valdez. Beim Ausprobieren der nagelneuen Luftpumpe stellen wir deren Nichtfunktionieren fest. Es fehlt ein Rückschlagventil… seufz, 8 Euro in den Sand gesetzt.

Dienstag, 15.1.2013
Auf der Rp2 queren wir wieder auf die verkehrsreiche Rn3, wo wir bei Gegenverkehr, den von hinten kommenden Lastwagen in den Kies-Seitenstreifen ausweichen müssen. Wir beginnen, wenn Lastwagen im Rückspiegel auftauchen, auf den Seitenstreifen auszuweichen und den Daumen oben mit schwenkender Handbewegung Autostopp zu machen. 80 km lang erfolglos, bis zur Provinzgrenze Chubut / Rio Negro. Kurz nach der Grenze auf einem Ausstellplatz stellen wir uns hin und „stöppeln“ nun, ohne dabei zu fahren. Nach recht kurzer Zeit hält ein leerer Sattelschlepper, der leider nur für die nächsten 40 km ohne Ladung bleibt, wir laden trotzdem auf und steigen ein. In Sierra Grande, bei den Tankstellen, werden wir gegen 20 Uhr ausgeladen. Auf dem Campingplatz der YPF-Tankstelle stinkt es vom angrenzenden Hundezwinger und er gleicht eher einer Mülldeponie als einem Camping. Darum bauen wir das Zelt auf dem angrenzenden Parkplatz unter Eukalyptusbäumen auf.

40km...Immerhin!
Mittwoch, 16.1.2013
Die Lust am Fahrradfahren ist uns wegen dem vielen Schwerverkehr und der engen Verhältnisse auf der Strasse gründlich vergangen. Zuerst versuchen wir am Ausgang des Dorfes unser „Stöppler-Glück“. Nach einiger Zeit kehren wir zu den Tankstellen zurück, da hier die Lastwagen sowieso halten. Aber, nach weiteren 2 Stunden sind wir immer noch vor Ort und beginnen, die aufgetankten aber zur Ruhepause der Fahrer, entlang der Strasse geparkten Fahrzeuge abzuklappern. „Hallo, wir suchen eine Mitfahrgelegenheit nach Norden.“ – „ich werde hier im Dorf Ladung aufnehmen“ oder „fahre nach Süden“ oder „habe schon Mitfahrer“ oder einfach „nein“… - Doch beim Letzten, noch nicht gefragten klappt es. Das immer zusammen fahrende Ehepaar ist sehr aufgeschlossen und interessiert sich für Spinner. Sie erzählen, wie sie einen schweizerischen Inline-Skater mit Einkaufswagen, unterwegs vom Norden Argentiniens nach Ushuaia gesehen, angehalten und mit ihm geplaudert haben… und nun Katja und Christian mit den Fahrrädern… und all das wird auf Facebook festgehalten wie sie erzählen. Auf ihren Campingstühlen dürfen wir auf der Ladefläche unter dem blauen Planenverdeck Platz nehmen. Eigentlich wäre das verboten; es wird abgecheckt, ob die Polizeikontrolle am Dorfausgang grad Siesta macht und schon geht es los. Nach ca. 100km ist unser Chauffeur müde, fährt bei einer Tanke unter Eukalyptusbäume und legt sich mit seiner Frau in der Kabine schlafen. Bei der Tankstelle kaufen wir unser Mittagessen ein: Einen Liter Pflaumensaft und jeder ein Eis.  Die restlichen 250km, bis nach Rio Colorado, holpern wir ohne weitere Stopps über die zum Glück asphaltierten Strassen. Durch ein kleines Luft- und Guckloch sehen wir viel Pampa an uns vorbeirauschen. Gegen 20 Uhr laden wir auf einem Feldweg ab und es beginnt gleich ein wenig zu regnen. Die Fotos für Facebook werden gemacht und zum Dank schenken wir ihnen ein kleines schweizer Sackmesser. Auf dem nahen Campingplatz gibt es grosse Bäume, kleine Rasenflächen und einen Fluss, den Rio Colorado. Ist das aber schön! Nüchtern betrachtet lässt sich feststellen, dass wir doch ordentlich „pampageschädigt“ sind.

350km. Super!
Donnerstag, Freitag, Samstag, 17…19.1.2013
Diese 3 Tage lassen sich leicht zusammenfassen. Weiterfahrt auf der Rn22 nach Bahia Blanca: aufstehen, Frühstück, zusammenpacken, losfahren, den von hinten kommenden Lastwagen ausweichen (der Seitenstreifen ist sehr uneben und durchwegs mit Gras bewachsen, sehr oft mit „Roseta“ wie die Einheimischen diesen Schlauchkiller nennen), wieder auf die Strasse zurück, ausweichen, zurück etc., Schlafplatz suchen, Zelt aufstellen, kochen, schlafen… Es muss noch erwähnt werden, dass Roseta auch uns nicht verschont hat und Christian täglich an die zehn Platten zu flicken hatte. Kein Wunder, war unsere Tagesleistung mit jeweils weniger als 60km doch eher bescheiden. Die beiden Ersatzmäntel, für Anhänger und der 26“ werden unterwegs ebenfalls montiert. Katjas Hinterreifen hätte zwar noch Profil gehabt, ist aber auf der Seite aufgeplatzt. Der Anhängerreifen hat seine ca. 2000km absolviert und ist für die vielen Rosetas zu dünn geworden. Unterwegs passieren wir einen Wegweiser zu den Thermen von Médanos, ein Komplex, der einer argentinischen Gewerkschaft gehört. „Hier könnte ein netter Zwischenhalt sein“ denken wir und fahren hin. Beim Kassenhäuschen werden wir sofort desillusioniert: zuerst wird 8Euro /Person bezahlt, dann darf man rein. Keine Prospekte, keine Besichtigung, keine Beschreibung. Du kaufst die Katze im Sack oder lässt es, wie wir es tun, bleiben.   

Roseta, elendes Kraut, bescherte uns an die 30Plattfüsse in 3 Tagen
Sonntag, 20.1.2013
Bahia Blanca wir kommen! Noch 17km, die wir ohne Plattfuss bis zum Mittag zurücklegen. Auf dem Camping der Stadt, direkt neben dem Bad, 4km westlich des Zentrums, lassen wir uns für die nächsten 3 Tage nieder. Die kleine alte Anlage wird sehr sauber gehalten und wo nötig, schnell repariert. Leider wird der eingesammelte Kehricht keine 50m, gegen die allgemein vorherrschende Windrichtung, neben dem Camping „deponiert“. So gibt es immer Kehricht einzusammeln…… Nachdem unser Zelt steht, beginnt es richtig voll zu werden. Sonntags-Asado wohin das Auge schielt. Wir werden von der Familie am Nachbargrill eingeladen, ein paar Sandwiches mit Gegrilltem drin, zu verspeisen und erzählen von unserer Reise. – Die Knoten der schon fast durchgescheuerten  Zeltschnüre bei den Heringen werden erneuert und die Verbindungen zum Zelt mit Dyneema verstärkt. Katja näht aufgegangene Nähte an Kleidern.

Zu Sandwiches eingeladen...
Montag, 21.1.2013
Wir fahren in die Stadt, um neue Ersatzmäntel für Velo und Anhänger, eine funktionierende Luftpumpe und Flicken zu kaufen. Am Bahnhof holen wir Auskünfte über eine Zugfahrt von Bahia Blanca nach Cañuelas (Nähe von La Plata bei Buenos Aires) ein. Weil der Gepäckverantwortliche heute frei hat gibt es keine Infos über den Transport unserer Fahrräder -> morgen nochmals kommen. Gepäckwagen hat es sowieso nur mittwochs und sonntags.

Dienstag, 22.1.2013
Christian versucht Elektrikerdraht, zum Flicken der abgebrochenen und provisorisch montierten Rückspiegel, zu kaufen und Katja geht zum Bahnhof, um die fehlenden Infos zu erhalten. Schlussendlich gibt sich Christian mit 10m verzinktem Eisendraht zufrieden und geht ebenfalls zum Bahnhof. Bei der Besichtigung des Zuges kommen  Bedenken auf: Sollen wir wirklich….  Wir schlafen noch eine Nacht drüber….

Etwa 60 jährig
Mittwoch, 23.1.2013
Heute ist Gepäckwagen-Tag, wir müssen uns entscheiden. Wir wägen ab, zwischen Weiterfahrt auf verkehrsreicher Strasse und eventuellen Verlusten oder Defekten unserer Ausrüstung. Kommt noch hinzu, dass wir mit dem Zug über Nacht fahren würden, was eine schier schlaflose Nacht bedeutet. – Nun, die Besichtigung des Gepäckwagens bringt keine neuen Erkenntnisse, der sieht wie ein 70 jähriger Gepäckwagen aus. Auch das erneute Gespräch mit dem Gepäckverantwortlichen nicht. Diese Entscheidung nimmt uns niemand ab. Schlussendlich kaufen wir die letzten zwei Billette für die bequemsten Sitze und erfahren, dass, sollten wir unsere Ausrüstung zum wahren Neupreis versichern wollen, 150 Euro fällig würden. Wir versichern 11‘000 Pesos (~1700Euro) und bezahlen so für den gesamten Transfer 440 Pesos (68Euro) und für beide eine schlaflose Nacht. Bevor wir um 19:30 abfahren gewittert es heftig und wir sind froh, dass das Dach unter dem wir stehen relativ dicht ist. Zum Glück sind es die gesprungenen Scheiben unseres Abteils ebenfalls, was bei dem Zustand des Zuges ein Wunder ist. Der ca. 70 Jahre alte Zug hat an der gesamten Aussenverkleidung faustgrosse Rostlöcher, die Türen lassen sich nicht mehr alle schliessen, die Sitze sind zum Teil nicht mehr fest mit dem Boden verbunden, sind unbequem, verschlissen und lassen sich nicht mehr verstellen. Unsere Ausrüstung können wir selber einladen und befestigen und man versichert uns, dass der mitreisende Gepäckmensch sich immer im Gepäckwagen befinden würde… nun ja, in Wahrheit war‘s immer beim Halten…  Wir bitten den Gepäckmenschen uns rechtzeitig die Ankunft in Cañuelas anzukündigen, was sehr gut funktioniert. Trotzdem der Zug kaum schneller als 60km/h fährt, springen die Wagen oft beängstigend über die unebenen Gleise. Da die Federung keine Stossdämper besitzt, kumulieren sich die Hüpfer und wir drohen Seekrank zu werden. 

Von innen, die 2.Klasse
Donnerstag, 24.1.2013
Gegen 8:30 kommt der “Gepäcker“ und bittet uns in sein Reich. Wir stellen alles, will heissen, es fehlt nichts, parat zum Ausladen. Die Quittung, die wir für den Gepäcktransport erhalten haben, wechselt wieder in den Besitz der Bahn und wir stehen ohne Belege da. Auf die Schnelle sind keine Defekte sichtbar – und gut ist. Beim Beladen unserer Räder auf dem schattenlosen Bahnsteig wird uns beinahe anders: um ca. 9:00 Uhr ist es schon sehr heiss. Im, an den Bahnhof grenzenden Park, finden wir Schatten und beratschlagen unser weiteres Vorgehen. Schlafen, schlafen, schlafen. Es fällt uns schwer an etwas anderes zu denken, aber bis zum nächsten Camping fehlen noch gute 40km. Zum Glück ist die Rp6, in Richtung La Plata, erst grad neu gemacht, was bedeutet, dass daneben die alte Strasse noch nicht ganz verfallen ist und wir diese absolut verkehrsfrei befahren können. Wir fahren bis nach San Vicente, wo wir wieder in den Genuss eines 30 Peso Camping municipal kommen, wo wir uns unverzüglich in den Schatten legen. Das Zelt bauen wir erst in den Abendstunden auf und eingekauft wird auch erst spät. Ein aufkommender Südwind tauscht die heisse, schwüle Luft gegen kühlere aus und lässt uns nach dem Znacht sofort in wohltuenden Schlaf versinken.

Freitag, 25.1.2013
Die kühle Luft und die frische Brise lassen uns langärmlige und –beinige Sachen anziehen, sogar unsere Softshell-Jacken werden montiert. Nach der gestrigen Hitze eine Wohltat. Wir versuchen Marcelo, die Ferienbekanntschaft aus dem Iberas, per SMS zu erreichen, was jedoch mit der schweizer Sim-Karte nicht zu gehen scheint. Deshalb nutzen wir das WiFi des Campings und schreiben eine E-Mail. Anschliessend machen wir uns ans Blogschreiben. 22 Tage….. „stöhn“. Bis zum Einkaufen für’s Abendessen schaffen wir deren 12. Morgen ist ja auch noch ein Tag….

Samstag, 26.1.2013
Die wärmende Sonne jagt uns um 7:30 aus dem Zelt. Wir stücken früh und machen uns wieder auf einen warmen Tag gefasst. Marcelo hat uns eine SMS gesendet und Katja ruft bei ihm zu Hause an. Wir sollen morgen um die Mittagszeit bei Marcelo und Familie sein…  Wir arbeiten im Schatten sitzend an unserem Blog weiter und die Zeit vergeht wieder mal viel zu schnell….

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