Von Romang nach Reconquista



Sonntag, 24.3.2013
Nach der Verabschiedung und Schlüsselübergabe fotografieren wir noch das „C. Ramseyer“ Strassenschild und kaufen ein. Dann sind wir  „on the road again“. Wieder unterwegs sein! Darauf haben wir uns gefreut. Die ersten 20km sind kein Problem. Doch dann machen sich die Kopfschmerzen von Christians Herpes Zoster Erkrankung wieder bemerkbar. Bis nach Reconquista fehlen noch fast 30 sehr lange Kilometer. Gegen 16 Uhr kommen wir auf dem einfachen und nicht sonderlich schönen Camping Municipal an. Mit entsprechendem Trubel findet hier heute ein Fussballspiel statt. Der Platz ist voller Menschen und wir finden erst nach langem Suchen einen geeigneten Ort für unser Zelt. Naja, für ein, zwei Tage wird es wohl auszuhalten sein, damit sich Christian noch ein wenig kurieren kann…..

Da hat Christian sehr an seinen Cousin Christoph Ramseier gedacht


Montag, 25.03……..Freitag,05.04.2013 Krankenlager und anderes…
Christian nimmt nicht mehr so viel Schmerzmedikation gegen die Kopfschmerzen ein. Dafür machen sich jetzt starke Zahnschmerzen bemerkbar; ganz schlimm wird es jeweils beim Essen. Auch die Herpes-Erkrankung macht Christian noch zu schaffen. Wir hoffen, bis Resistencia per Anhalter zu kommen. Dort soll es einen schönen Campingplatz mit guten Einrichtungen geben, der sich möglicherweise besser für einen längeren Aufenthalt eignet. Am 26.03. versuchen wir unser Glück vier lange Stunden. Aber keiner will uns mitnehmen. Nicht ganz! Zweimal hat jemand angehalten, doch da hätte nur einer von uns mitreiten können. Niedergeschlagen und schweren Herzens bauen wir unser Zelt wieder auf dem Camping Municipal in Reconquista auf. Am Mittwoch, 27.03. sucht Christian eine Zahnärztin auf. Sie untersucht den Problem-Zahn genauer und stellt eine starke Entzündung und Karies fest. Damit sie den Zahn behandeln kann, muss Christian für ein paar Tage  Antibiotika gegen die Entzündung einnehmen. Ein Behandlungstermin ist erst am 03.04. möglich, da jetzt Ostern ist und sich die Feiertage zum Gedenken an den Falklandkrieg anschliessen. Wir beschliessen, so lange hier zu warten. Denn erstens scheint die Zahnärztin gut zu sein, und zweitens braucht Christian noch Zeit zur Genesung.
Bei einem Geldautomaten der Firma „Banelco“ erhält Christian mit der Postcard wie gewohnt das gewünschte Geld. Bei Katja bleibt auch hier der Geldsegen aus. Hm, was ist bloss mit den Karten (EC-Karte und der Travelcashkarte) los? Sind zufällig beide defekt? Katja spricht einmal mehr bei einer der ansässigen Banken vor, um das Problem zu ergründen. Der hilfsbereite Bankangestellte erklärt, dass es durchaus möglich sei, dass die Bank nicht mehr mit dieser Art Karten arbeitet, weil es zu wenig Geld einbringt. In Argentinien sei alles möglich und keiner weiss, was der nächste Tag bringt, so sagt er. Auffällig ist auch, dass an den meisten Geldautomaten die Signete für den Internationalen Geldbezug (EC, Plus, Cirrus, Maestro etc.) fehlen. Katja versucht, bei allen Banken in Reconquista Geld zu ziehen; nicht`s! Zuletzt bleibt noch die Bank Galicia. Dort sieht Katja die besagten Signete …und siehe da, der Geldautomat rattert und spuckt tatsächlich Geld aus. Welch ein Glück! Es liegt also nicht an den Karten, sondern an Argentiniens Banken. Bleibt also nur noch eine Bank, bei der Katja in Argentinien Geld erhält. Das ist nicht viel, zumal die Bank Galicia längst nicht überall zu finden ist. Das erscheint uns nicht gerade sehr gastfreundlich und wir sind froh, bald in Bolivien zu sein. Wer weiss, was uns dort erwartet…….
Ansonsten passiert nicht viel. Christian ruht  aus und geniesst das schöne Wetter. Die Reissverschlusswagen, die ebenfalls im Paket aus der Heimat waren, werden montiert. Damit nicht morgendlich Hundepisse vom Zelt gewaschen werden muss, baut Christian mit Schnur einen „Hundezaun“ um das Zelt, der erstaunlicherweise von den Tieren respektiert wird. Katja erkundet zu Fuss und per Rad ganz Reconquista und das unmittelbare Nachbarstädtchen Avellaneda auf der anderen Seite des Baches und geniesst ebenfalls das schöne Wetter. Hier auf dem Campingplatz erscheint es uns ratsam, Laptop und Handy nicht in der Öffentlichkeit zu nutzen. Denn hier treiben sich so einige zwielichtige Gestalten herum und die Armut vieler Menschen ist offensichtlich. - Am Karsamstag findet auf dem Gelände des Campingplatzes wieder ein Fussballturnier statt. Dazu erschallt 12 Stunden lang die ewig Gleiche laute Musik. Man hört die eigene Hand vor den Augen kaum… Gegen 22 Uhr werden wir von der Lärmplage erlöst. Ohne „Musik“ scheint den Argentiniern etwas zu fehlen, egal ob es gut klingt oder nur vom Autoradio geplärrt wird. - Am Ostersonntag werden wir von Asado-Gästen mit reichlich Fleisch und über dem Feuer gebackenem Brot versorgt. Vielen Dank für diese liebe Osterüberraschung! Unser Tagesablauf gliedert sich folgendermassen: Nach dem Erwachen gibt’s Frühstück, anschliessend geht Katja Sport treiben und Christian reserviert unseren Tisch, damit wir, wenn nach 17 Uhr die Mate-Tee-Trinker in Scharen anrücken, nach 18 Uhr dort kochen können. Nach der „Mate Schicht“ bleibt es bis ca. 22 Uhr relativ ruhig. Später brennen zu plärrender Autoradiomusik die Asado-Feuer. Nach 2 Uhr morgens kommen die Jungen mit den leistungsfähigeren Musikanlagen in ihren Autos und das Geplärre wird übertönt. Später bleibt es immer noch laut, denn dann kommen die ganz Jungen mit ihren auspufflosen Knatter-bis-Knall Mopeds. So ist das bis Osterdienstag doch recht abwechslungsreich gewesen und gut gegangen. Aber dann hat sich sozusagen alles verändert: Morgens um 5 Uhr kommen 4 Jugendliche „angeknallt“ und beginnen laut zu werden. Im Halbschlaf vernehmen wir etwas wie  „Velo zerstören“. …Pafff der erste Stein trifft den Anhänger. Jetzt aber richtig wach öffnet Christian das Zelt und schaut raus. Die vier sitzen auf unserem Tisch und lachen hämisch. Schnell zieht sich Christian wieder ins Zelt zurück und übergibt den Späherposten an Katja. Mit dem Handy wird der Notruf angerufen. Als die Vier das merken fliegt ein weiterer Stein. Während dem Davonfahren springt ein Sozius vom Moped ab und geht auf Christian zu. Christian wirft das Handy ins Zelt und stellt sich vor den Eingang. Der andere kommt immer näher und macht mit einer Hand so komische Bewegungen und fragt unablässig: „Comó se llama“ – „wie heisst das“. Das Ablenkungsmanöver mit seiner Linken funktioniert und er knallt Christian seine Rechte ins Gesicht. Der fliegt gegen die Fahrräder und mit denen zu Boden. Katja hat unterdessen das Handy wieder gefunden und spricht weiter mit der wissbegierigen Dame des Notrufs. Der Schlägertyp lässt von uns ab, springt auf das wartende Moped und weg sind sie. Endlich kann sich die Notrufdame entschliessen, mit dem örtlichen Polizeiposten zu verbinden. Bis die Polizei schliesslich eintrifft, können wir feststellen, dass Christians Zähne noch alle drin sind, das Zahnfleisch und die Lippe bluten und dass der zweite Stein, ein halber Ziegelstein, unser Zelt an drei Stellen zerfetzt hat…… Unter Polizeiaufsicht beginnen wir zu packen. Doch bevor wir fertig sind, ist deren Schicht zu Ende und wir müssen alleine fertigpacken. Angst macht sich breit…  Mit dem Sonnenaufgang fahren wir in die Stadt hinein und genehmigen uns bei der Tankstelle Kaffee und Gipfeli. Auf der Suche nach einer preiswerten Unterkunft, mit den Löchern in unserem Zelt können wir nicht mehr campen, werden wir gefragt: „Warum sucht ihr so früh eine Unterkunft?“….. Nun ja, wir sind untergekommen und haben begonnen das Zelt zu kleben. Ob das wohl halten wird? – Mittwochmorgens wird die Baustelle in Christians Mund eröffnet und von der netten Zahnärztin zu einem speziell günstigen Preis auch sehr professionell abgeschlossen. Nachmittags lässt sich Katja von einem Ohrenarzt den Strassenstaub des vergangenen Jahres aus den Ohren spülen und erlöst sich damit von dem unangenehmen Druck der letzten Tage in ihren Ohren. – Eigentlich hätten wir am Donnerstag, 4.4.2013 weiterfahren wollen. Doch am Morgen regnet es und wir schreiben diesen Text; ->Vergangenheitsbewältigung.
Morgen geht es aber sicher weiter, denn die Zeit bis zum Ablauf weiterer 3 Monate Argentinien ist nicht mehr allzu lang und wir müssen das Land verlassen. Vor dem Nächsten Zeltplatz haben wir ein wenig Bammel, denn der wird im Nirgendwo liegen, ohne Polizei in der Nähe, aber hoffentlich auch ohne gefährliche Leute. Auch hoffen wir, dass unsere Flicken am Zelt halten werden….

Unser Tisch mit Verteidiger


Auf dem Foto erscheint es besser als es ist......

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen