Von Le Havre nach Zárate

Samstag, 18. 2. 2012
Um 7 Uhr legen wir in gegenüber einer riesigen Öl-Raffinerie am „Roll on, roll off“ Kai in Le Havre an. Bis 14 Uhr werden Neuwagen geladen, dann parkieren wir um zum Container Terminal. Katja geht alleine die Stadt erkunden, was unter der philippinischen Crew zum Thema des Abends wird….

Sonntag, 19.2.2012
Auch am Containerterminal ist bei unserem Schiff Sonntag. Es wird weder be- noch entladen.
Per Bus unternehmen wir einen Ausflug nach Honfleur, einer ehemaligen Fischersiedlung mit schönen Häusern um einen alten Hafen und einer einzigartigen Holzkirche. Der nahe Hügel bietet einen schönen Ausblick über die Stadt, die Seine und die imposante „Normandie Brücke“.
Da unsere Toilette zwar nicht überläuft, aber auch nicht abfliesst, müssen wir die Toilette einer anderen Kabine auf einem anderen Gang benützen. Das Vakuumsystem der WC’s scheint ein Dauerproblem hier an Bord zu sein. Mit mässiger Begeisterung wird die Reparatur in Angriff genommen.

Honfleur
Montag, 20.2.2012
Den heutigen Ausflug an die weisse Steilküste mit den eindrücklichen Felsentoren bei Etretat geniessen wir bei viel Sonnenschein. Dank emsigem Laden ist am Abend das Schiff bis zur Kapazitätsgrenze voll und abfahrbereit. Um 21:30 legen wir ab. Es stehen uns 7 Tage Fahrt bis zum nächsten Halt bevor.

Etretat
Etretat

Dienstag, 21.2.2012
Mit Geschaukel und wenig Seitenwind fühlen sich alle Passagiere wie gerädert. Sonst ereignislos.

Mittwoch, 22.2.2012
Damit sich der unveränderte Zustand unseres Aborts einfacher beheben lässt, werden wir einmal mehr umquartiert. Die letzte Nacht in der alten Kabine war unerträglich warm und stickig, so dass wir froh sind, dass am neuen Ort die Lüftungsregelung zu funktionieren scheint. Tagsüber sind wir bei viel warmem Sonnenschein auf Deck und kommen in den Genuss einer Alarmübung. Da jedermann weiss, wann die Übung stattfinden wird, reicht für uns die Zeit, unsere Ausrüstung (Helm, Schwimmweste und Neopren Anzug), die eigentlich in jeder Kabine vorhanden sein sollte, aus unserer vorherigen Kabine zu holen.

Donnerstag, 23.2.2012
Es geht weiter südwärts. Auf der Höhe von Gibraltar beschliessen wir unsere Dreckwäsche zu waschen. Unser hilfsbereiter Steward bietet uns an, seine Industriewaschmaschine zu benutzen. Leider erwischten wir den dümmsten Augenblick zum Waschen, denn durch einen Defekt war nur kochend heisses Wasser in den Leitungen. Durch Zufall merkten wir das Unglück noch rechtzeitig; nur unsere Regenjacken erlitten hässliche Verfärbungen…

Freitag, 24.2.2012
Nach dem Mittagessen haben Katja und ich die Möglichkeit uns die Instrumente auf der Brücke erklären zu lassen. Eindrücklich was Elektronik so alles ermöglicht.
„Fire Drill“ at 16:30 Uhr. Diesmal haben wir unsere Ausrüstung beisammen und müssen auf den Alarm warten. Ein Feuer im Maschinenraum wird supponiert. Da wir Passagiere nichts zu tun haben verfolgen wir das emsige geschehen auf Deck. Die Handgriffe sitzen gut und im Nu sind zwei Besatzungsmitglieder mit Schwerem Atemschutz ausgerüstet und löschbereit. Nach der Übung passieren wir Lanzarote und Fuerteventura was den Handybenutzern, nach einer Durststrecke von vier Tagen, kurzzeitig Empfang beschert. Eindrücklich ist das plötzliche Gewusel an Deck.
Feuerwehrübung
Lanzarote

 Samstag, 25.2.20212
Wunderschöner, warmer  und sonniger Tag. Ringsherum nur Wasser, Schildkröten und Delfine. Die ca. sechs Schildkröten sonnten sich nahe der Wasseroberfläche und die wenigen kleinen Delfine vermochten dem Schiff nicht zu folgen.
Eigentlich wäre für heute Nachmittag eine Besichtigung des Maschinenraumes vorgesehen gewesen, was aber wegen Überlastung der Maschinentechniker scheiterte. Wir fahren den ganzen Nachmittag nur mit ca. 28km/h statt der üblichen ca. 31km/h. Ob da wohl ein Zusammenhang besteht?
Sonntag, 26.2.2012
Heute nähern wir uns wieder mit 31km/h Dakar. Zielstrebig zieht eine Gruppe grösserer Delfine in der Gegenrichtung an uns vorüber.

Montag, 27.2.2012
Um 9 Uhr legen wir in Dakar an. Problem Nummer eins: Die Laderampe unseres Schiffes lässt sich nicht auf Anhieb öffnen. Nach drei Stunden fieberhafter Fehlersuche und Reparatur, konnte das Ein- und Ausladen beginnen. Die Autos auf den Freiluftdecks wurden mittlerweile in äusserst unzimperlicher Manier mit den bordeigenen Kränen heruntergehoben. Um Diebstähle aus den Kabinen zu verhindern, werden die Zugänge zu den Ladedecks abgeschlossen.
Dakar
Problem Nummer zwei: Nach Auskunft der Immigrationsbeamten die an Bord kommen, ist es Schweizern untersagt, in Senegal einzureisen. Der Kapitän klärt das an anderer Stelle genauer ab und erhält diesen Sachverhalt leider bestätigt. Katja erkundet somit die an den kleinen Hafen angrenzende Innenstadt von Dakar alleine. Auf dem riesigen, kunterbunten und lebhaften afrikanischen Markt, könnte man sich verlaufen. Doch Katja mit ihrem ausgeprägten Orientierungssinn findet sich problemlos zurecht.
Auf dem Schiff werden die abzuladenden Autos vor unseren Augen systematisch ausgeraubt.
Die Crew ist bemüht, Dakar so schnell wie möglich zu verlassen.

Dakar
Dienstag, 28.2.2012
Um 1Uhr nachts beginnt die Weiterfahrt nach Vitoria in Brasilien. Nach dem Aufwachen erwartet uns das schon bekannte Bild: ringsherum nichts als Wasser. Nachmittags sehen wir ein paar Baby-Delfine und einen kleinen Hammerhai.

Mittwoch, 29.2.2012
Zweimal innerhalb von fünf Stunden fallen auf einen Schlag die Hauptmaschine und alle Generatoren aus, was kurzzeitig zu Manövrierunfähigkeit führt. Eindrücklich, wie schnell der leichte Wind uns vom Kurs abbringt und wie schnell wir Geschwindigkeit verlieren. Die Blackout’s passieren zum Glück bei idealem Wetter und fernab jeglicher Hindernisse.

Donnerstag, 1.3.2012
Während der Nacht hat es geregnet, das ganze Deck ist überschwemmt. Um die Mittagszeit passieren wir den Äquator. Unser Tagesablauf wird bestimmt durch die strikt einzuhaltenden Essenszeiten: Frühstück von 7:30…9:00, Mittag von 11:00...12:00 und Abendessen von 18:00…19:00 Uhr. Dazwischen sehen wir viel Wasser und vertreiben uns die Zeit bei bestem Wetter an Deck.

Freitag, 2.3.2012
Heute Abend ist „Barbecue“ angesagt. Auf einem Holzfeuer werden Massen an Fleisch gegrillt. Ausserdem gibt es: Aperitif-Häppchen, Spaghetti und Tomatensauce mit Garnelen, das Gegrillte mit Pommes und zum Nachtisch Panetone und Früchte. Bei sehr lauter Musik ist die ganze Mannschaft (ausser einem Offizier auf der Brücke) versammelt. Vor dem Essen erhalten wir von Neptun das „Äquatorüberquerungszertifikat“; nach dem Essen wird getanzt.




Samstag, 3.3.2012
Am Vormittag findet die Maschinenraumbesichtigung statt. Die schier unerträgliche Hitze im Maschinenraum verlangt viel von den dort Arbeitenden. Der Hauptmotor ist ein 7 Zylinder, 2-Takter, läuft bei Volllast mit 108 Umdrehungen pro Minute, verbraucht 60 Tonnen Rohöl pro 24 Stunden und ist deutlich kleiner als Christian sich vorgestellt hat.
Am Nachmittag verstummen die Motoren abermals. Diesmal dauert das Black-Out recht lange und wir kommen fast 90° vom Kurs ab.
Kontrollraum
Hauptmaschine

Sonntag, 4.3.2012
Erneut „Firedrill“, diesmal mit Überprüfung der Pumpen. Alles funktioniert bestens.

Montag, 5.3.2012
Wie vorausgesagt erreichen wir Vitoria morgens früh. Atlantikquerung erfolgreich abgeschlossen! Vorerst ist Warten angesagt. Der Hafen ist überlastet und es liegen mit uns rund 30 andere Schiffe vor Anker. Der schöne Ausblick auf die ca. neun Kilometer entfernte Stadt mit den umgebenden Bergen, lässt Vorfreude aufkommen. Nachmittags werden die zwei Rettungsboote aus ihrer Ruheposition heruntergelassen und die Drahtseile mit eimerweise Fett vor Korrosion geschützt.

Dienstag, 6.3.2012
Die gerüchteweise bekanntgewordene Abfahrt um 12 Uhr verstreicht ohne irgendeine Aktivität. „Tomorrow, maybe “, morgen, vielleicht!
Unser rumänischer Koch zaubert uns zwei Mal täglich ein vom Steward serviertes, mehrgängiges Menü auf den Tisch. Das Essen ist immer sehr weich gekocht, äusserst schmackhaft und reichlich. Dazu gibt es Wasser, Soft-Drink oder Wein. Die Espressomaschine steht jederzeit kostenlos zur Verfügung. Wenn weder Soft-Drink noch Wein konsumiert wird, kann man für Zwischendurch eine Flasche Wasser erhalten.
Vitoria, der uns nun schon fast vertraute Anblick

Mittwoch, 7.3.2012
„Maybe today“ und siehe da: nach dem Mittagessen des Kapitäns geht es durch eine wunderschöne Hügellandschaft in den wirklich kleinen Hafen rein. Leider ist die vorgesehene Anlegestelle so knapp bemessen, dass unser Nachbarschiff die vorderen Festmachleinen lösen muss, damit unsere Rampe heruntergeklappt werden kann. Beim Herunterklappen bricht eine Hydraulikleitung und es fliesst eine grössere Menge Öl ins Hafenbecken. Um 21 Uhr kommt endlich das OK der Behörde, dass wir an Land gehen können. In Begleitung einer Gruppe von philippinischen Crewmitgliedern geht Katja das Nachtleben im Hafenviertel erkunden. Heute ist die brasilianische Freundin des Kapitäns zugestiegen. Nach Aussagen der Crewmitglieder fährt sie immer die Tour über Buenos Aires zurück nach Rio mit.
Vor Vitoria

Donnerstag, 8.3.2012
Am Morgen ist noch Ausgang bis 11 Uhr. Wir besichtigen auf einem Rundgang das nahegelegene Hafenviertel. Im Gegensatz zu den Strassenschluchten mit Hochhäusern der strandnahen Viertel wirken die kleinen Häuser eher ärmlich und unfertig.
Wiederum nach dem Mittagessen der Führungsetage legen wir ab und schieben in Richtung Rio de Janeiro.
Hafenviertel Vitoria

Freitag, 9.3.2012
Seit 6:30 Uhr liegen wir mit nur wenig anderen Schiffen vor Rio vor Anker. Abermals nach dem Mittagessen unseres Bosses geht es in die Einfahrt des Hafens auf die grosse Brücke zu, welche die Bucht überspannt. Von der Bucht aus geniessen wir den Blick auf die Stadt und die Hausberge „Zuckerhut“ sowie „Christusberg“. Wir haben genügend Zeit diesen Anblick aufzunehmen, weil wir wegen angeblich zu viel Wind, wieder vor Anker liegen. Nach Einbruch der Dunkelheit und nicht wahrnehmbar weniger Wind, kann das Anlegemanöver beginnen. Der Landgang für Katja beginnt um 23 Uhr. Der Gang durch die Strassenschluchten des Zentrums führt an Unmengen von Müll vorbei. Brasiliens Nachtleben ist laut, bunt und schrill. Auch die unvorteilhaftesten Figuren zeigen viel Haut.
Rio de Janeiro
Der sog. Zuckerhut vor Rio
Samstag, 10.3.2012
Die Abfahrtszeit wird im Zweistundentakt herausgeschoben, so dass es uns leider nicht möglich ist, an Land zu gehen. Bei deutlich mehr Wind als gestern geht es um 16 Uhr schlussendlich los.


Sonntag, 11.3.2012
Als wir erwachen liegen wir bereits vor Santos vor Anker. Entgegen unserer Befürchtungen ist das Andocken schon gegen 12 Uhr erledigt. Ab 13:30 besuchen wir das alte Zentrum von Santos und nehmen die 7km zum grossen Strand unter die Füsse. Am Strand sehen wir, wo die Leute der fast leeren Stadt geblieben sind. MENSCHENMASSEN! Zwischen den zahlreichen Verkaufsständen und Bars stehen zu mietende Stühle und Sonnenschirme. Nach unserem zu Bettgehen legen wir ab und fahren in Richtung Süden, Zielhafen noch ungewiss.

Santos. Der Strand ist 7.5km lang
Santos
Montag, 12.3.2012
Nun ist es raus: wir fahren, entgegen dem ursprünglichen Routenplan, zuerst nach Zàrate und nicht an unser Ziel: Buenos Aires.

Dienstag, 13.3.2012
Nach dem durchqueren einer Gewitterfront fehlen um 9:50 auf einmal die Vibrationen der Schiffsschraube. Die Hauptmaschine ist ausgefallen und wir liegen deutlich früher als erwartet wiedermal vor Anker. Diesmal dauert es geschlagene 3 Stunden bis der Motor wieder tut.
Am Abend gibt‘s gegrillte Spanferkel , anschliessend ohne Tanz, da am nächsten Tag viel Arbeit wartet.



Mittwoch, 14.3.2012
Am Morgen passieren wir Montevideo, nehmen den Lotsen auf und beginnen die Flussfahrt. Zuerst durch eine schmale, untiefe Fahrrinne im Delta des Rio de la Plata, anschliessend in den Rio Parana nach Zárate.
Donnerstag, 15.3.2012
Wir erfahren, dass die Immigration in Zárate vorbereitet wurde, und dass wir das Schiff bis um 15 Uhr zu verlassen hätten. Beim Beladen unserer Velos bemerken wir den Diebstahl unserer Fahrradpumpen, die wohl jetzt in Afrika ihre guten Dienste leisten. Es ist ein komisches Gefühl, das Schiff nach 5.5 Wochen zu verlassen und der Abschied von liebgewonnenen Mannschaftsmitgliedern fällt uns schwer. Nach dem Runterfahren von der Grande America folgt 2 Mal eine Gepäckkontrolle, die darin besteht, alle Taschen zu öffnen, die obersten Gepäckstücke begutachten zu lassen und die Taschen wieder zu schliessen.  Wir suchen eine Unterkunft in der Stadt und treffen uns am Abend mit dem liebsten Crewmitglied, Eric, zum Essen.

Abschied von Eric
 
Freitag, 16.3.2012
Nach ein wenig Blog schreiben, versuchen wir unsere übergebliebenen Euros umzutauschen, und das Geschenk für Christians Patenkind abzusenden. Das erste Unterfangen ist immer noch pendent,weil unmöglich, das Zweite, konnten wir mit liebenswürdiger Hilfe der Receptionistin und 2 Stunden Wartezeit auf der Post schliesslich erfolgreich abschliessen. Wir sind froh, ein paar Brocken Spanisch zu sprechen, ohne das geht nicht’s. Am Abend, nach erneutem Essen, erfolgt der definitive Abschied von Eric, denn morgen fährt die Grande America weiter nach Buenos Aires und wir machen uns auf gen Norden.

Warteschlange vor der Post

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