Von Villarrica nach El Bolson



Sonntag, 7.10.2012
Die Sonne meint es heute wieder gut mit uns. Der ständige Blick auf den Vulkan Villarrica, mit kleiner Rauchsäule, bleibt uns während der Fahrt nach Lican Ray fast immer erhalten. Im Ort machen wir unseren Mittagshalt am schönen, tiefschwarzen Sandstrand vom Lago Calafquen. Am See entlang fahrend, schweift unser Blick oft über den, mit Inseln gespickten, See. Unsere Fahrt endet heute in einer kleinen Bucht vor Coñaripe, wo wir noch die letzten Sonnenstrahlen geniessen. Vor dem Verschwinden der Sonne reicht es Christian gerade noch, die Fahrradkette zu wechseln und die Bremsen neu zu zentrieren.

Lago Calafquen
Montag, 8.10.2012
Zuerst fahren wir westwärts dem See entlang, bis es über den Berg zum Lago Panguipulli geht. Bei einem Blick zurück zeigen sich nochmals der Lago Calafquen und die Vulkane Villarrica und Quetrupillan. Das stetige Auf und Ab am Ostufer des Lago Panguipulli entlang zeigt gegen 17 Uhr seine Wirkung, aber wir finden bis 18:30 Uhr keinen geeigneten Platz zum Übernachten. Schliesslich zelten wir bei einem Aussichtspunkt nahe an der Strasse. Während dem Zubereiten unseres Abendessens (Reis mit Mayonnaise  und Zuchetti) wird es dunkel und wir verlieren den Blick über den See mit den Inseln und den Vulkan Choshuenco.

Lago Panguipulli mit Vulkan Choshuenco
Dienstag, 9.10.2012
Dank der Auskunft eines Strassenbauarbeiters, dass wir zum Einkaufen nicht nach Choshuenco zu fahren brauchen, sondern dies ebenso gut in Neltume erledigen können, sparen wir ca. 7km Wegstrecke ein. Schon kurz nach dem Abzweiger beginnt es anzusteigen und der Strassenbelag ist eigentlich kein Belag mehr: es gibt viel zu viele, recht grosse lose Steine. Gegen Abend passieren wir zwei sehr speziell gebaute Hotels: das Baobab, das praktisch nur aus Holz gebaut ist und das Hotel Montaña Magica, das einem Steinhaufen mit Bepflanzung und Wasserfällen gleicht. Neben dem Fussballplatz des Dorfes Puerto Fuy, mit Blick auf den Lago Pirihueico und der Fähre, die uns morgen um 13:00 Uhr mitnehmen soll, zelten wir sehr öffentlich.
Hotel Montaña Magica

Hotel Baobab
Mittwoch, 10.10.2012
Nach dem langen Ausschlafen und dem ausgiebigen Frühstücken sind wir nur ca. 30 Minuten vor der Fährabfahrt am Kai und sehen zu, wie die Fahrzeuge rückwärts auf das Schiff dirigiert werden, bis wir schliesslich als Letzte auch noch „verstaut“ werden. Da ausserhalb der Saison die Fähre nur einmal täglich fährt wird sie recht voll. In den Sommermonaten Januar und Februar fährt sie 5mal täglich. – Nach ca. 90 Minuten Fahrt über den verwinkelten, fjordartigen See ist „easy riding“ fertig und wir pedalen die 12 km zur Grenze. Diesmal bleiben unsere Zwiebeln und der Knoblauch vom Grenzer unbehelligt, denn zum Glück nehmen es die Argentinier nicht so genau wie die Chilenen.  Wir suchen uns im Nationalpark Lanin am Lago Nonthue einen Schlafplatz.
Frühstück fast fertig
Donnerstag, 11.10.2012
Die Fahrt am See entlang stellten wir uns doch etwas flacher vor. Nach ewigem Auf und Ab, beginnt die Piste anzusteigen. Schlussendlich sind wir ca. 500 Höhenmeter über dem Lago Lacar und erwarten sehnlichst einen Aussichtspunkt mit Sitzgelegenheit, um unsere wohlverdiente Mittagsrast angenehm sitzend zu verbringen. Leider erscheint weder Aussichtspunkt noch Sitzgelegenheit. Die anschliessende Talfahrt nach San Martin de los Andes hat noch ein paar Gegensteigungen, die uns auf dieser Kugellagerpiste nochmals ins Schwitzen bringen. Leider sind alle Campingplätze, im für uns sehr europäisch wirkenden Ort, noch geschlossen. Zuerst suchen wir am See nach einem Platz. Nada. Dann nehmen wir uns die linke Talflanke vor, wo uns das Tüpfchen auf dem i erwartet: Eine steile Steigung von 200 Höhenmetern, bis wir schliesslich, auf einem aus Holz gebauten Aussichtspunkt, hoch über der Stadt, um 21:00 Uhr unser Zelt aufstellen können: Gummizüge sind schon eine patente Sache!

Mirador ob San Martin de los Andes
Freitag, 12.10.2012
Vor lauter gucken vergessen wir fast, unser Frühstück zu kauen. Der fantastische Blick, fast über den ganzen Lago Lacar, die Stadt zu unseren Füssen und die umliegenden Hügel entschädigt für die gestrigen, abendlichen Strapazen. - Auf unserer Einkaufstour durch den Ort meinen wir in einem anderen Land angekommen zu sein: Viele Häuser haben Elemente im Blockhaus-Stil, es wirkt alles sehr solide und ist so anders, als was wir bisher in Argentinien gesehen haben. Auch finden wir in den Läden ein deutlich reichhaltigeres Angebot vor als bisher.  – Auf der Fahrt am See entlang sind wir überrascht, so viele Fussgänger zu sehen. Leider müssen sie sich auf der Strasse fortbewegen, da es keine Spazierwege gibt. Nach 15km sanftem Anstieg haben wir das Schlimmste für heute geschafft. Es geht wellenförmig auf der „Siete Lagos Route“ (Sieben Seen Route) durch eine recht grüne, schöne Berg-Hügel Landschaft. Die Bäume hier sind deutlich kleiner als in Chile; die Vegetation ist insgesamt mehr von Trockenheit geprägt. Der Campingplatz am Lago Hermoso hat natürlich noch zu und wir campen vor dem geschlossenen Tor, da hier das Campen am See nicht erlaubt ist.

Mujer hermosa am Lago Hermoso
Samstag, 13.10.2012
Die Nationalparks Lanin und der anschliessende Nahuel Huapi sind zusammen ca. 280km x 80 km gross. Wir befinden uns weiterhin im Nahuel Huapi auf der Ruta 234 und geniessen die schützenswerte Umgebung. Ein See ist malerischer als der andere und allesamt sind sie glasklar. Die umgebenden Berghänge sind mal bewachsen, mal felsig. Entlang der wasserführenden Bäche grünt es frisch und kräftig. Nach nur 16 km Fahrt beschliessen wir, den äusserst schön gelegenen kostenlosen Campground am Lago Villarino zu geniessen. Wir beobachten grasende Braunbrust??? Gänse und sehen den pickenden Weisshals-Ibissen zu. Wie wunderschön doch unsere Tierwelt ist!

Weisshals Ibis

Lago Villarino
Sonntag, 14.10.2012
Entgegen der anderslautenden Auskunft der Touri-Info „todo pavimientado“ geht die 234, Siete Lagos Route, in eine schlechte Schotterpiste über. Bei jedem vorüberfahrenden Auto wird viel Vulkanasche aufgewirbelt, welche uns zeitweise die Sicht raubt. Diese Gegend ist stark betroffen vom Ausbruch des Puyehue Vulkans im Juli 2011 in den Chilenischen Anden. Die mehrere Zentimeter dicke Ascheschicht ist auf Flächen ohne Vegetation noch sehr gut zu sehen.
Auch am schönen Lago Traful, zu dem wir einen Abstecher machen, brennen viele Asado-Feuer. Da um die Grillstellen längst kein Feuerholz mehr ist, fahren die Grillmeister in den Nationalpark raus, um mit dem Auto welches herbeizuschaffen….- Bis fast zu unserem Schlafplatz bei der Ranger-Station am Lago Espejo, bleibt die Schotterstrasse schlecht, wechselt aber kurz nach dem Lago los Bulines auf seidenfeinen Asphaltbelag.

Vulkan-Ascheschicht auf altem Baumstamm
Montag, 15.10.2012
Via Villa la Angostura fahren wir eine kurze Etappe bis zum Zeltplatz La Estacada, dessen Gelände frei zugänglich ist, aber die Serviceeinrichtungen geschlossen sind. Die sehr schöne Camp-Möglichkeit am grossen, verzweigten Lago Nahuel Huapi lassen wir uns nicht entgehen und die beabsichtigte Mittagsrast wird zum Übernachtaufenthalt ausgedehnt.
 Beim Versuch, Daniel und Rosita Serrano in Dina Huapi (Eltern von Lucas in Mendoza) anzurufen, stellen wir fest, dass auf der argentinischen SIM-Karte kein Guthaben mehr ist. ???

Auf dem Camping La Estacada
Dienstag, 16.10.2012
Nach der schönen Fahrt am See entlang steigt die Strasse ca. 200 Höhenmeter an und wir befinden uns wieder in der Wüste. So schnell kann das gehen! Am früheren Nachmittag treffen wir in Dina Huapi ein und überraschen Rosita Serrano beim Nachmittagsschlaf. Wir werden herzlich willkommen geheissen und trinken zuerst mal Mate. Danach werden die Zimmer ihrer Söhne zu unseren Schlafzimmern. Für’s Abendessen nach 22:30 Uhr bringt Daniel Serrano Pizzas mit.
All die wenig spanisch klingenden Namen stammen übrigens aus der Sprache der Ureinwohner, der Mapuche-Indianer, die heute noch etwa 4 % der Bevölkerung im argentinisch-chilenischem Seengebiet ausmachen. Zum Beispiel Nahuel-Huapi, so erklären uns Serranos, heisst übersetzt: Insel der Tiger, wobei mit Tiger die hier lebenden Leoparden/ Pumas gemeint sind.

Entlang des Lago Nahuel Huapi
Mittwoch, 17.10.2012
Einkaufstour und zugleich Stadtbesichtigung in San Carlos de Bariloche. Auch hier haben wir den Eindruck, in einer anderen Welt angekommen zu sein. Die Stadt ist sehr touristisch geprägt. Die hiesigen Schokoladespezialitäten wechseln zu astronomischen Preisen ihren Besitzer. Zum Beispiel kosten einzeln auszuwählende Schokoladenriegel pro kg um die 40 Euro. Allerdings ist die Schokolade ausserhalb der Touri-Meile bereits zum halben Preis erhältlich. Auch scheint die Stadt nur aus Touristenunterkünften und Geschäften zu bestehen. In den beiden Sommermonaten und im Winter, zum Skifahren, kommen sehr viele reiche Chilenen und Brasilianer her und geben Unmengen Geld aus. Die Einheimischen können sich hier Vieles nicht (mehr) leisten und hegen einen gewissen Groll auf solche Touristen. Ein Tages-Ski-Pass kostet zum Beispiel mittlerweile 1000 Peso=175 Euro!!!
 Christian kauft: neue Fahrradschuhe, Bremsbeläge, einen neuen Pneu für den Anhänger, Kettennieten und 2 T-Shirts. Nun sind wir wieder für eine Weile versorgt und wir haben schon wieder  Zusatzgepäck. Rosita und Katja kochen uns zum Abendessen eine leckere Gemüsesuppe mit Fleisch.

Im Zentrum von Bariloche
Donnerstag, 18.10.2012
Heute fahren wir mit dem Bus bis zum Schiffsanleger Puerto Pañuelo, um die Halbinsel Llao-Llao zu Fuss zu erkunden. Hier befindet sich auch das luxuriöse und weithin bekannte Hotel Llao-Llao.
Ohne Karte und sonstige Infos stiefeln wir uns eine sehr schöne Rundtour zusammen. Zuerst kommen wir zu einem Arrayanes-Wäldchen, ein Myrtengewächs mit zimtfarbener Rinde, das hier ursprünglich weit verbreitet war und heute nur noch einzelne Bestände vorhanden sind. Der grösste Arrayanes-Wald ist  auf der Insel Victoria, unweit von hier, erhalten geblieben. Später wandern wir entlang des Lago Moreno Este und hinüber zum Lago Nahuel-Huapi mit jeweils schönen Übersee-Blicken. Der krönende Abschluss unserer Rundwanderung ist der grossartige, weitschweifende Blick vom Cerro Llao-Llao über den wunderschönen Lago Nahuel-Huapi und die umliegenden Seen.

Blick vom Cerro Llao Llao
Freitag, 19.10.2012
Colonia Suiza: ein, vor 80 Jahren, von Schweizer Auswanderern gegründetes Dorf, soll sehr besuchenswert sein. Die Busse dorthin fahren nicht sehr oft, wir haben aber Glück und warten nur eine 4tel Stunde. Mit tief hängenden Wolken und bei Nieselregen kommen wir dort an: Ernüchterung pur! Unsere Erwartungen bleiben voll auf der Strecke. Das einzige was an die Schweiz erinnert sind die allerorts zu sehenden Schweizerkreuze und Käse-Fondue anbietende Restaurants. Was sicher zusätzlich zu unserer Ernüchterung beiträgt ist, dass praktisch nichts los ist und viele Läden geschlossen sind. Trotz des schlechten Wetters wandern wir die 15km dem Lago Moreno Oeste entlang zur Hauptverkehrsader, wo die Busse häufiger fahren. - Für’s Abendessen kaufen wir täglich ein: heute in einem Spezialitätenladen vier verschiedene Käsesorten, unter anderem auch Sbrinz, Jamon Serrano (für Serranos :-)) = Trockenschinken und Salami. Dazu gibt es wie immer nach 22:30 Uhr ein, von Rosita zubereitetes Gericht: Pastel de Papas (Auflauf mit Hackfleisch, Kartoffelpüree und mit Käse überbacken).

Bei Serranos in Dina Huapi
Samstag, 20.10.2012
Da die reservierte Höhlentour erst um 15:00 Uhr beginnt, können wir ausschlafen und noch eine Runde durchs Dorf gehen. Der Cerro Leones ist ein uralter Vulkan, von dem heute nur noch ein Basalthügel vor den Toren von Dina Huapi zu sehen ist. In einer der Kleinhöhlen, gibt es einen kleinen See, der aus einer Quelle gespeist wird und in eine unzugängliche Höhle entwässert. Die Höhlen dienten den Ureinwohnern als Unterkunft. Einige Felsmalereien zeugen davon. Auch hat man in der Nähe das Skelett eines Mannes gefunden der stattliche 2,12m gross gewesen ist. Weiter südlich hat man die Überreste eines sogar 2,43m Riesen entdeckt. So ist es nicht erstaunlich, dass Magellan im 16. Jh. das neu entdeckte Land, „Land der Riesen“ = Patagonien nannte.

Cerro Leones: vulkanische Höhle
Sonntag, 21.10.2012
Serranos gehen zum Gottesdienst und anschliessend sind sie zum Mittagessen eingeladen. Wir bewachen das Haus, schreiben Blog und treffen Vorbereitungen, um morgen weiter zu reisen.

Montag, 22.10.2012
Gegen 12:00 ist alles gepackt und aufgeladen. Nach der Verabschiedung fahren auf der stark frequentierten und recht schmalen Ruta 40 zu einem Geldautomaten in Bariloche. Mit einem Besuch in einer Eisdiele verabschieden wir uns auch von Bariloche und fahren auf der Ruta 40 südlich aus der Stadt heraus. Mit dem Verlassen der Stadt nimmt auch das Verkehrsaufkommen deutlich ab und wir radeln entspannt dem Lago Gutierrez entlang bis zum schönen Camping Los Baqueanos, wo wir den Radlertag, nach nur 37km beschliessen. Der ungewohnte Tagesrhythmus der letzten Tage zeigt seine Wirkung.

Dienstag, 23.10.2012
Die sportliche Komponente bleibt uns erhalten: mehrere 100 Höhenmeter hoch und runter und wieder hoch….etc. Vorbei am Lago Mascardi und dem Lago Guillelmo erreichen wir mit einer Abfahrt von 550 Höhenmetern die Nationalparkgrenze. Wie das halt so ist, steigt es bis nach El Foyel wieder tüchtig an. Die Berglandschaft bleibt aber sehr schön und relativ grün. Am Abend finden wir ein Platz zum Zelten am Rio Foyel.

Lago Guillelmo
Mittwoch, 24.10.2012
Heute fahren wir bis El Bolson. Unterwegs haben wir beide einen Plattfuss, weil jeweils der Schlauch durch den geplatzten Mantel guckte. Von mehreren geöffneten Campingplätzen entscheiden wir uns für „ La Chacra“ mit vielen Obstbäumen, blühendem Flieder und viel Rasen. Im zweiten von drei Veloläden können wir uns Ersatz, für die 8200km alten Hinterradreifen kaufen.

Donnerstag, 25.10.2012
In El Bolson sollen laut Reisehandbuch viele Künstler, Aussteiger und Ökos leben. Dienstags, donnerstags und samstags findet zwischen 10:00 und 16:00 der Handwerker- und Künstlermarkt statt, wo viele regionale Produkte verkauft werden. Die Gegend hier ist auch bekannt für feine, hausgemachte Konfitüren. Bei unserem Besuch des Marktes um 11:00 sind die meisten Verkäufer noch daran, ihre Stände aufzubauen. Trotzdem kann man gut erkennen, dass das Reisehandbuch Recht hat. Christian fährt auf den Camping zurück, um sein Velo in Schuss zu bringen und Katja dreht noch eine Warterunde durch das Städtchen. Nachmittags kommt Katjas Rad dran, und dann gilt unsere Aufmerksamkeit einmal mehr dem Blog.

1 Kommentar:

  1. Hola Katja & Christian

    How are you guys? Long time no see! Maybe it's time to meet again (BBQ time)? Where are you now?
    We are getting close you know being in PN Puyehue right now. We're on our way to the end of the world, so we'll soon have to cross the mountain between us :-)

    Big hug and hope to see you soon
    Nathaniel y Anita

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